von Kristina Mauer
Die Alternativen zum Modell Almería entstehen und wachsen vor allem im Kleinen. Beispielsweise auf einer von SOC-SAT-Aktivist*innen besetzten, 75 Hektar großen Olivenöl-Finca in Jaén, dem „Freiheitshügel“ (Cerro Libertad).
Es weht eine angenehme Brise, als wir uns von den Besetzer*innen die Geschichte der Finca erklären lassen. Francisco Moreno, Sprecher der SOC-SAT in Jaén, klärt uns über die Situation auf. Die Besetzung erfolgte am 1. April 2017, ein Jahr nach der Festnahme Andrés Bódalos und diente als Protest, um seine Freilassung zu fordern.2

Foto: Exkursionsgruppe 1/2018
Die BBVA (Banco Bilbao Vizcaya Argentaria), die zweitgrößte Bank Spaniens und ein Hauptakteur bei Zwangsräumungen, hatte die sechs Kilometer von Jaén entfernte Finca aufgekauft und als Spekulationsobjekt betrachtet. Denn die Olivenhaine lagen fünf Jahre lang brach und die Finca wurde nicht gepflegt. Die Aktivist*innen betrachten das, angesichts der in der Region herrschenden höchsten Arbeitslosigkeit (31 Prozent) Andalusiens, als Affront. Zwar kommen aus dieser bergigen Region 50% der spanischen Olivenölproduktion. Insgesamt ist Jaén jedoch eine strukturschwache Region mit wenigen Arbeitsmöglichkeiten. Entlohnte Beschäftigung konzentriert sich auf den Olivensektor und ist daher stark saisonal. Die soziale Ungleichheit ist frappierend: Nur sechs Prozent der Bevölkerung besitzen 66 Prozent des Ackerlandes.3 Von der Stadtregierung fordern die Besetzer*innen, das bestehende Gesetz der Agrarreform, welches nach fünfjähriger Nicht-Betreibung von Land eine Enteignung von Seiten der Stadt erlaubt, anzuwenden.4
“Cerro Libertad” sei nur ein Beispiel von vielen, beteuert Francisco Moreno. In der Gegend gäbe es sehr viel brachliegendes Land; zwischen 30 Prozent und 40 Prozent der größten Fincas in Andalusien seien im Besitz von Banken.5 Um auf diesen Missstand hinzuweisen, besetzten mehrere Hundert Menschen die Finca, um sie wieder in Wert zu setzen, den brachliegenden Boden zu bearbeiten und die Erträge solidarisch zu nutzen. Die Wiederinstandsetzung dauerte einige Monate. Reparaturen wurden durch Beiträge von Gewerkschaftsmitgliedern und durch die Einnahmen des Verkaufs geernteter Produkte finanziert. Inzwischen wird hier wieder Öl gepresst, das bewusst nur regional und über internationale Solidarnetzwerke abgesetzt wird. Die solidarische Selbstverwaltung von Ressourcen ist die Utopie der Besetzer*innen, die keinen Besitz wollen, sondern eine sinnvolle Tätigkeit in einem solidarischen Umfeld.
Als wir die Finca im Januar 2018 besuchen, wurde sie schon zweimal geräumt. Wir erfahren von den Aktivist*innen, dass sie sich die erfolgreiche Besetzung einer anderen Finca in Marinaleda zum Vorbild gemacht haben. Francisco Moreno ist davon überzeugt: “Sollten wir vertrieben werden, besetzen wir eben eine andere Finca”. Schließlich sei der Boden jenen vorbehalten, die ihn nutzen wollen: “La Tierra es pa quien la trabaja!”. Eine Überzeugung und Kampfansage, die wir während unseres Besuches auf dem “Cerro Libertad” nicht nur immer wieder hören, sondern auch spüren.

Gruppenbild mit Exkursionsteilnehmer*innen und Aktiven auf der Finca „Cerro Libertad“
Foto: Exkursionsgruppe 1/2018
Kurze Zeit nach unserer Abfahrt folgt die dritte Räumung. Aus den Medien erfahren wir, dass die Besetzer*innen nicht aufgegeben haben und schließlich am 20. April 2018, einen Tag nach der offiziellen Räumung, den “Cerro Libertad” wieder besetzt haben. Die Zukunft der Utopie auf dem “Cerro Libertad” bleibt offen.
Literatur
Manso, Joaquín (2016), „Andrés Bódalo, el concejal apoyado por Pablo Iglesias, acumula cuatro condenas por ejercer violencia“, http://www.elmundo.es/andalucia/2016/03/29/56f9748b268e3e811e8b459d.html, 17.08.2018.
o. V., (2017), „El SAT ocupa una finca en Jaén para pedir la libertad de Andrés Bódalo“, http://www.elmundo.es/andalucia/2017/04/01/58dfa05446163f25228b4683.html, 17.08.2018.
o. V., (2017), „Visita a la utopía del “Cerro Libertad”, http://www.diariojaen.es/al-dia/visita-a-la-utopia-del-cerro-libertad-de3143234, 17.08.2018.
Sindicato Andaluz de Trabajadores/as (2017), „Cerro Libertad, comienza una nueva utopía“, http://sindicatoandaluz.info/2017/04/05/cerro-libertad-comienza-una-nueva-utopia/, 17.08.2018.
- http://www.elmundo.es/andalucia/2016/03/29/56f9748b268e3e811e8b459d.html
- http://www.elmundo.es/andalucia/2017/04/01/58dfa05446163f25228b4683.html
- http://sindicatoandaluz.info/2017/04/05/cerro-libertad-comienza-una-nueva-utopia/
- http://www.diariojaen.es/al-dia/visita-a-la-utopia-del-cerro-libertad-de3143234
- http://sindicatoandaluz.info/2017/04/05/cerro-libertad-comienza-una-nueva-utopia/