von Laura Dederichs und Leonie Jantzer
Es war noch dunkel draußen, als wir dem roten Transporter der Gewerkschaft SOC-SAT in die Nähe von El Ejido folgten. Neben einigen wenigen anderen Autos begegneten uns immer wieder Warnwesten tragende Arbeiter*innen auf Fahrrädern oder zu Fuß auf den schlecht beleuchteten Straßen. Unser Ziel war eine Cafébar, die als Ort der Rekrutierung für Tagelöhner*innen bekannt ist. Von diesen Treffpunkten gibt es mehrere in Almería und Umgebung. Meistens stehen vor allem Menschen eines Herkunftslandes oder einer Region an diesen Orten. Viel läuft hier über persönliche Netzwerke und Beziehungen.
Vor der von uns besuchten Cafébar standen vorwiegend Arbeiter aus Westafrika. Sie warteten auf die nach Arbeitskraft suchenden Landwirt*innen, um für den Tag, manchmal auch für eine Woche, in einem ihrer Gewächshäuser beschäftigt zu werden. Es herrschte reger Betrieb. Immer wieder fuhren Vans auf den Platz, Arbeiter stiegen ein und fuhren los, während neue Menschen ankamen und Ausschau nach dem nächsten Wagen hielten. Viele schienen sich bereits zu kennen, liefen zielstrebig auf einen bestimmten Van zu und nickten dem Fahrer des Wagens vor dem Einsteigen kurz zu. Eine scheinbar tägliche Routine.

Foto: Exkursionsgruppe 1/2018
Die SOC-SAT verteilt an diesen Orten regelmäßig Flyer. Auf mehreren Sprachen informieren diese über die Rechte von Tagelöhner*innen. Der Gewerkschafter, der uns zu diesem Ort brachte, sprach mit einigen Arbeitern über die Möglichkeiten gewerkschaftlicher Organisierung. Wir versuchten in vorsichtigen Gesprächen mit Wartenden etwas über ihren Alltag und die Arbeitsbedingungen zu erfahren. Wieder einmal waren wir als große Gruppe auffällig und teilten uns auf. Zu dritt betraten wir die Bar um bei einem Kaffee das Geschehen dort zu beobachten. An der Theke saßen einige weiße, spanische Männer zum Teil in mit Firmennamen bedruckter Arbeitskleidung und tranken mehrheitlich schweigend ihre Heißgetränke. An dem einzigen sonst besetzten Tisch im Raum unterhielten sich zwei Arbeiter auf Französisch. So entstand bereits durch die Position der an diesem Ort zusammen kommenden Menschen eine Hierarchie: Die Landwirte auf Barhockern an der hohen Theke und die Arbeiter auf Stühlen sitzend oder wartend auf dem Parkplatz am Kreisverkehr.
Nachdem wir unseren Kaffee entgegengenommen hatten, setzten wir uns in die Nähe der beiden Arbeiter und sprachen sie an. Die beiden kamen aus Mali, berichteten von vielen Jahren harter Arbeit auf den Feldern Almerías, aber auch von eingehaltenen Pausen und davon, dass sie maximal acht Stunden am Tag im Gewächshaus arbeiteten. Ob das immer der Fall ist? Oder ob sie aus Angst davor, dass die ‘Chefs’ an der Bar mithören würden vielleicht nicht die ganze Wahrheit gesagt haben oder die angetroffenen Arbeiter das Feld nur lang genug kennen, um die ausbeuterischeren Strukturen zu umgehen? Wir wissen es nicht. Andererseits trafen wir sie an diesem Morgen irgendwo bei El Ejido an einem Treffpunkt für Tagelöhner*innen und Landwirt*innen. Eine feste, dauerhafte Beschäftigung scheint also trotzdem nicht im Bereich des Möglichen für sie. Die Männer an der Theke wirkten nicht sonderlich interessiert an uns. Aber vielleicht war es auch einfach noch zu früh am Tag.

Foto: Exkursionsgruppe 1/2018
Derweil versuchte der Rest der Gruppe mit den Wartenden draußen ins Gespräch zu kommen. Einer wirkte sehr zurückhaltend. Wir hatten zunächst Probleme uns auf einer Sprache zu verständigen und nachdem er nur sehr kurze Antworten gab, beendeten wir bald die Unterhaltung. Dachte er, dass wir eine Kontrolle durchführen würden und womöglich seinen Ausweis sehen wollten? Hatten wir ihm durch unser Gespräch die Chance auf einen Tagesjob genommen? Der Eindruck bleibt, dass sowohl den Wartenden als auch uns in der Situation nicht wohl zumute war.